Anatomie im Nationalsozialismus – Hingerichtete als Präpatate

Anatomie im Nationalsozialismus

Die Zahl der Hingerichten, die in die Anatomischen Institute der Universitäten gelangten, stieg in den Jahren 1942-1944 enorm an. Die meisten Anatomen hatten keine Skrupel dies für ihr Zwecke zu nutzen. Sie waren in die eskalierende Hinrichtungspraxis des NS-Regimes eingebunden. Sie nutzten die Leichen von Hingerichteten und anderen Opfern zu Unterrichts- und Forschungszwecken. Die Ausweitung der Todesstrafe auf politische und geringfügige Delikte führte während der NS-Herrschaft zu immer mehr Hinrichtungen. Der Anteil der wegen Hochverrats vom Volksgerichtshof Verurteilten stieg in den Jahren 1942-1944 besonders an. Alle anatomischen Institute im Deutschen Reich nahmen die steigende Zahl von Leichnamen Hingerichteter gern und ohne Zögern an.

Es wird vermutet, dass die Mehrzahl der Leichname in anatomischen Präparierübungen genutzt wurden. Darüber hinaus gaben die Hinrichtungen Gelegenheit, „lebensfrische“  Gewebe und Organe für wissenschaftliche Untersuchungen zu gewinnen.

Der Anatom August Hirt von der Reichsuniversität Straßburg nutzte seine guten Kontakte zu NS-Funktionären, um sich aus dem Konzentrationslager Auschwitz 86 Juden für eine Sammlung von „Rasse“-Skeletten liefern zu lassen. Nach der Vergasung der Opfer in dem nahe gelegenen KZ Natzweiler-Struthof wurden die Leichname in das Straßburger Institut gebracht, wo sie am Kriegsende aufgefunden wurden. Anhand der auf den Armen eintätowierten Nummern, gelang es dem Journalisten Hans-Joachim Lang, die Namen und Schicksale dieser Opfer zu rekonstruieren.
Viele Anatomen nahmen ihre Tätigkeit als akademische Lehrer an deutschen Universitäten nach dem Krieg wieder auf. Dazu zählte der Kieler Professor Wolfgang Bargmann, der auch an Hingerichteten forschte und nach dem Krieg in der Anatomischen Gesellschaft eine führende Rolle einnahm. Nach ihm ist bis heute ein Wissenschaftspreis benannt, der an herausragende Nachwuchsanatomen verliehen wird.

Anatomie im Nationalsozialismus

Die personelle Kontinuität in der Besetzung der anatomischen Lehrstühle ging einher mit einem Schweigen über die Vorkommnisse im Dritten Reich. Die nächste Generation von Anatomen in Deutschland tat wenig, um die Vorkommnisse in der NS-Zeit aufzuklären. Das Schweigen derAnatomen zu den von ihnen genutzten NS-Opfern wurde zum ersten Mal an der Universität Tübingen im Jahr 1988 gebrochen. Von einer StudentInnen-Gruppe war aufgedeckt worden, dass viele Präparate der medizinischen Fakultät noch aus Überresten von Opfern des Nationalsozialismus gefertigt worden waren. Die Tübinger Untersuchung führte dazu, dass Präparate aus der NS-Zeit identifiziert und bestattet wurden.

Anatomie im Nationalsozialismus Quelle:
http://www.aerzteblatt.de/archiv/132996/Anatomie-im-Nationalsozialismus-Ohne-jeglichen-Skrupel

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